Warum die EuGH Entscheidung gegen Google grundlegend falsch ist

Wirtschaft
Warum die EuGH Entscheidung gegen Google grundlegend falsch ist

Ja genau, grundlegend falsch! Und zwar so richtig. Was ist passiert? Ein Herr Mario Costeja González hat einen uralten Zeitungsartikel über eine Zwangsversteigerung eines seiner Grundstücke aus dem Jahr 1998 in der Google Suche gefunden.

Interessiert eigentlich niemanden. Herr González wollte die Artikel jedoch entfernen lassen und hat bei der Zeitung und bei Google "nachgefragt". Versteh ich auch noch.

Beide haben mit nein geantwortet. Also ging es vor Gericht und schlussendlich mittels Vorabentscheidungsverfahren vor den EuGH. (Fällt sonst noch jemand die Ironie auf, dass jetzt jeder von der Zwangsversteigerung von Herrn González weiß? Egal, war wahrscheinlich ohnehin nur eine riesen Werbung für seine Anwaltskanzlei ...).

Jedenfalls musste der EuGH nun zwei Fragen beantworten:

  1. Gibt es überhaupt ein Recht, personenbezogene Informationen, die die Wahrheit wiedergeben, löschen zu lassen?
  2. Wenn ja, wie sollen diese gelöscht werden?

Über den ersten Punkt lässt sich nun streiten. Es gibt Post-Privacy-Ansätze, die dazu klar nein sagen würden. Ich verstehe aber, dass man es grundsätzlich ermöglicht. Besonders wenn die Informationen niemandem etwas bringt, die Person keinen Einfluss darauf hat und es einen erheblichen Schaden für die Person bedeutet. Ob dies hier der Fall war, naja ...

Also zur zweiten Frage. Wie sollte man dieses Problem angehen? Hier hat der EuGH gezeigt, dass das Internet tatsächlich Neuland für unsere politischen und rechtlichen Führer ist. Laut Urteil des Gerichtshofs soll Google die Links zu dem Artikel aus dem Suchindex entfernen. Die Quelle, also die Zeitung, darf den Artikel jedoch unberührt stehen lassen. Ein kurzer Exkurs zeigt uns, warum dies nicht ganz so schlau ist:

Stand der Technik oder Neuland?

Seit Jahrzehnten gibt es folgenden HTML-Tag:

<meta name="robots" content="noindex">

Der Tag ist nicht besonders schwierig zu durchschauen. Er bedeutet soviel wie: Robots, also Suchmaschinen, befolgt doch bitte die Regel noindex, nehmt also diese einzelne Seite nicht in euren Index auf.

Und so einfach hätte es funktioniert! Das wäre die richtige Lösung! Das wunderbare daran: Die meisten Websites im Internet haben diese Zeile ohnehin schon eingebaut, allerdings mit dem Schlüsselwort index, da sie ja regelmäßig in den Suchergebnissen aufscheinen möchten. Es hätten also genau zwei Buchstaben, ein n und ein o, zum Quellcode der Zeitung hinzugefügt werden müssen. Jedem Webmaster ist das bekannt und so selbstverständlich, wie die Tatsache, dass Reifen in der Regel rund sein sollten.

Das besondere an dieser Lösung: ALLE gängigen Suchmaschinen halten sich daran. Einmal eingestellt und fertig Der Artikel kann nicht mehr gefunden werden, außer auf der Website der Zeitung selbst (Anmerkung: Alternativ wäre es auch über die sogenannte robots.txt-Datei ebenso lösbar, was aber fast das gleiche ist).

Was hat man stattdessen gemacht? Der Manipulation von Suchergebnissen Tür und Tor geöffnet. Und man hat die Verantwortung jenen übertragen, der per Definition schon die Suchergebnisse nicht einzeln kontrollieren können und sollen! Der Aufwand für Google ist ja enorm. Jeder einzelne Antrag muss geprüft werden, die Identität des Antragstellers muss festgestellt werden und das Recht auf Privatsphäre muss mit dem Recht auf Information abgewogen werden.

Und dann wär da noch Bing ...

Und dann wär da noch Bing, DuckDuckGo, Yahoo, ... Nungut, Google hat einen riesen Marktanteil, aber wenn die Bürger lernen, dass sie heikle Informationen nicht mehr bei Google finden, dann verwenden sie halt eine andere Suchmaschine. Dort muss dann natürlich auch ein Löschantrag gestellt werden (Wer jetzt meint, dass es doch eine gute Sache sei, weil dadurch die vermeintliche Marktmacht von Google gebrochen wird, der sollte sich einmal Gedanken über seine Definition von Rechtsstaatlichkeit machen).

Hätte man die Lösung mit dem Meta-Tag gewählt, wäre dies kein Problem. Einmal beantragt und stattgegeben, verschwindet der gesamte Inhalt von allen Suchmaschinen. Natürlich hätten dann die Zeitungen und Verlage die Pflicht, diese Anträge zu prüfen. Andererseits hat die Seite den Beitrag ja auch selbst geschrieben und veröffentlicht und ich bin ein ganz großer Fan davon, dass jene Verantwortung tragen, die auch tatsächlich verantwortlich sind.

Zum Schluss noch ein kleiner Vergleich zur Veranschaulichung: Stellen Sie sich vor ein Arzt erzählt seinen Patienten regelmäßig, Sie hätten einmal eine ekelhafte Krankheit gehabt. Das ist natürlich unangenehm. Doch anstatt dem Arzt zu sagen, er soll aufhören, verbieten Sie nun dem Telefonbuch die Telefonnummer und Adresse des Arztes zu drucken. Sie verbieten das aber immer nur einem Telefonbuchhersteller und müssen daher alle einzeln abklappern.

Absurd, nicht? In der realen Welt würden Sie den Arzt nachdrücklich bitten, Ihre Krankheit nicht mehr auszuplaudern und würden gar nicht auf die Idee kommen, das Telefonbuch zu belästigen. Aber im Neuland gelten offensichtlich andere Regeln ...

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